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Allgemeine Sonderpädagogik unter Berücksichtigung inklusiver Bildungsprozesse (ASPi)
Der Arbeitsbereich ASPi befindet sich derzeit im Aufbau und freut sich auf die baldige Ankunft weiterer Kolleg:innen.
Lehre
Behinderung ist kein genuin pädagogischer Begriff. Genauso wenig gehört er der Medizin. Behinderung muss vielmehr als ein transdisziplinärer Gegenstand erachtet werden: Im Studium an der Universität Koblenz erlernen Sie, diesen aus der Perspektive zahlreicher wissenschaftlicher Disziplinen und Zugänge zu betrachten. Das Forschungsfeld, in dem diese transdisziplinären Betrachtungsweisen konzertiert werden, nennt sich Disability Studies. Unter diesem Banner versammelt der Arbeitsbereich soziologische, psychologische, psychoanalytische, historische, literarische, künstlerische und andere kultur-, sozial- und geisteswissenschaftliche Zugänge zum Themenfeld Behinderung. Das derzeit noch im Aufbau befindliche Team setzt sich zu diesem Zweck aus Personen unterschiedlicher Stammfächer zusammen, um nicht nur in der Forschung, sondern auch in der Lehre ein breites Spektrum an Perspektiven und Wahlmöglichkeiten anbieten zu können.
Doch wie gelingt es, dieses gewonnene Wissen über Behinderung in Kultur und Gesellschaft auf die pädagogische Praxis zu beziehen und das eigene Handeln in dieser zu reflektieren? Um die Theorie-Praxis-Reflexion zu fördern, liegt ein Fokus in den Seminaren des Studiengangs darauf, sich durch Fallreflexionen für die Tätigkeit als sonderpädagogische Lehrkraft zu professionalisieren: Was folgt aus den zuvor gelernten kritischen Perspektiven auf Kultur und Gesellschaft für eine zeitgemäße Erziehung und Bildung in der Praxis, wenn ich z.B. an die konkrete Situation denke, die ich neulich mit einem Schüler beobachtet habe? Was macht eine Pädagogik ‚allgemein’ und was macht die Sonder-Pädagogik ‚besonders’? (Wie) Zeigt sich dieses ‚Besondere‘ in Unterrichtsszenen als Verbesonderung im negativen Sinne oder aber als im besten Sinne besonderer* pädagogischer Moment? Mit fallreflexiven Fragen und Beispielen wie diesen bereitet man sich im Dialog auf praktische Entscheidungen vor und entwickelt dabei sein Ethos. Ethos -- bzw. Haltung, habitus -- hat dabei zwei Seiten: eine kollektive/professionsbezogene und eine singuläre. Erstens entfaltet man also ein Berufsethos und zweitens einen pädagogischen Stil, der sich stimmig zu der Einmaligkeit des Charakters eines jeden Menschen verhält.
Dies geschieht durch den Arbeitsbereich ASPi in folgenden Modulen:
- Bildungswissenschaften; Modul 5: Psychologische Grundlagen sonderpädagogischer Förderung (im Bachelor)
- Grundlagen sonderpädagogischer Förderung; Modul 1: Grundlagen der Allgemeinen Sonderpädagogik (im Bachelor)
- Grundlagen sonderpädagogischer Förderung; Modul 3: Ergänzungsstudien (im Bachelor)
- Grundlagen sonderpädagogischer Förderung; Modul 4: Schwerpunktübergreifende Grundlagen unter Berücksichtigung inklusiver Bildungsprozesse (im Master)
Forschungsprofil des Arbeitsbereichs
Die Allgemeine Sonderpädagogik erfüllt die Funktion, eine Karte der Denkbewegungen in den einzelnen Sonderpädagogiken und den für den transdisziplinären Gegenstand Behinderung relevanten Nachbardisziplinen zu zeichnen. Diese theoretische Karte soll es erleichtern, sich in den komplexen und mitunter umstrittenen Relationierungen zwischen Sonderpädagogiken, allgemeinen und inklusiven Pädagogiken, Disability Studies und anderen Forschungsfeldern zu orientieren. Das Allgemeine als Vermittlung zu denken meint dabei in Abgrenzung zur Tradition, das Allgemeine als Vorrangiges oder Übergeordnetes zu sehen, dass sich das Synthetische nicht über, sondern zwischen den pluralen Perspektiven findet.
Auch aufgrund der Selbstverortung im Rahmen eines weiten und emanzipatorischen Verständnisses von Inklusion als Differenzgerechtigkeit sind die Forschungsprojekte dieses Arbeitsbereichs grundsätzlich interdisziplinär angelegt, da sie sich mit intersektionalen/interdependenten Verschränkungen von Diskriminierungsformen und gesellschaftlichen Verhältnissen befassen. Dazu kooperieren wir mit den entsprechenden benachbarten Forschungsfeldern und erziehungswissenschaftlichen Teildisziplinen (Gender und Queer Studies bzw. erziehungswissenschaftliche Frauen- und Geschlechterforschung; Critical Race Theory, Postcolonial Studies bzw. rassismuskritische Migrationspädagogik etc.). Diskriminierungskritische Perspektiven basieren unserem Verständnis nach auf einer Reflexion der gesellschaftlichen Verhältnisse in ihrem historischen Geworden-Sein (Analyse in- und exklusiver Prozesse und deren struktureller Verankerung in kontingenten Herrschafts- und Machtverhältnissen) — in der Erziehungswissenschaft mit dem Ziel, deren Niederschlag in pädagogischen Praktiken, Prozessen, Organisationen und Diskursen nachzuzeichnen und Bildung und Erziehung anders zu denken.