Forschungsstelle Wissenstransfer

Aufgabe

Die Forschungsstelle Wissenstransfer wurde 2002 am Campus Koblenz unter der Leitung von Prof. Dr. Wolf-Andreas Liebert eingerichtet. Ihre Aufgabe ist es, Wissenspraktiken in den Wissenschaften und in nichtwissenschaftlichen Domänen in Kontakt und Dialog zu bringen. Es werden dabei auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse neuartige Formen des Wissens-Dialogs zwischen verschiedenen Wissenskulturen experimentell erprobt.

Die Forschungsstelle Wissenstransfer ist derzeit in folgenden Feldern aktiv:

Aktivitätsfelder

Kontroverse und kollaborative Wissensproduktion

Vor allem in der Gründungsphase stand die Erkenntnis der sog. Wissenstransformationen (Liebert 2001, 2002) im Vordergrund, d.h. die Unmöglichkeit, Wissen zwischen Wissenskulturen auszutauschen, ohne dass es zu substanziellen Veränderungen im Wissen selbst kommt,  sowie die daraus folgenden Konsequenzen. Dabei wurde die produktive Rolle von Kontroversen in und die neuen Formen der Kollaborativen Wissensgenerierung in den Mittelpunkt gestellt und eine eigene, experimentelle  Wiki-Plattform, die Kontropedia, entwickelt und erprobt. Schließlich diente zunehmend die 2001 gegründete Wikipedia als Forschungsgegenstand, da diese sich als zentrale Instanz kollaborativer und kontroverser Wissensproduktion profilierte. Dazu wurde schließlich ein DFG-Projekt durchgeführt, in dem verschiedene Artikel entstanden sowie eine Dissertation.

Gender und Wissensregimes

Insbesondere in den Naturwissenschaften zeigen sich Gendereffekte, die nicht zuletzt durch die Untersuchungen von Prof. Dr. Elisabeth Sander aufgezeigt wurden. In der Forschungsstelle wurden hierzu eigene Studien angefertigt, die insbesondere auf die Rolle der Sprache als Vermittlungsmedium hinweisen. Mit Frau Prof. Sander wird derzeit eine Studie über Berufswege und kommunikative Milieus von Wissenschaftlerinnen durchgeführt. Seit 2006 sind die beiden Ada-Lovelace-Projekte Ausbildung und Universität in der Forschungsstelle Wissenstransfer integriert, in denen diese und andere Ergebnisse umgesetzt werden. Darüber hinaus sind wir Robertaregio-Zentrum und führen verschiedene Projekte in diesem Bereich durch wie die Women Welcome Week, den Girls' Day oder die Marsmission.

Sprachbildung in heterogenen Bildungsmilieus

Sprache als Medium im Bildungsprozess ist vor allem in der Sprachwissenschaft in den letzten Jahren ausführlich untersucht worden.

In Zusammenarbeit mit dem ProDaz-Zentrum am Campus Essen, der Stadt Koblenz und vielen weiteren Partnern wurde auf der Basis von Erkenntnissen sprachwissenschaftlicher Forschung ein Programm entwickelt, das sich  insbesondere für SchülerInnen mit Migrationshintergrund als effektiv erwiesen hat, das Projekt FUNK. Hierbei werden unter Supervision und ständiger Weiterbildung LehramtskandidatInnen verschiedener Fächer als Lehrer eingesetzt, die sich so auf den Unterricht in heterogenen Klassen vorbereiten können.

Seit 2015 wird auch der Bereich Ausbildung erforscht: In Kooperation mit der IHK-Akademie Koblenz wurde 2015-2016 eine „Pilotstudie Auszubildende mit DaZ“ durchgeführt, deren Ergebnisse in einem ausführlichen Bericht zusammengefasst wurden.

Dialogforschung

In den letzten Jahren wurde Dialog nicht nur als ein scheinbar gegebenes Vermittlungsmedium betrachtet, sondern selbst als ein erst zu erforschender Gegenstand thematisiert. Bezugspunkt ist hier insbesondere die linguistische Dialogforschung (vgl. etwa Gerd Fritz/Franz Hundsnurscher (Hg.): Handbuch der Dialoganalyse. Tübingen: Niemeyer, 1994). Dialog im Sinne eines umfassenden hermeneutischen Prozesses geht aber darüber hinaus und untersucht auch Prozesse, die Hans-Georg Gadamer als Horizontverschmelzung beschreibt, d.h. ein Verstehen, in dem das eigene Wissenssystem durch den Dialog mit einem Fremden so modifiziert wird, dass ein neuer, weiterer Denkhorizont auf beiden Seiten entsteht. Dies ist insbesondere in der interkulturellen, aber auch in der interreligiösen Kommunikation von großer Bedeutung. Obwohl es dazu zahlreiche Veröffentlichungen gibt, wird dieser hermeneutische Aspekt zumeist vernachlässigt. Daher ist für diesen Bereich auch Grundlagenforschung zu leisten (vgl. z.B. Lasch/Liebert 2014; Handbuch und Sammelband für 2015 geplant). Auch der Dialog zwischen unterschiedlichen Wissenskulturen wie Wissenschaft und Kunst spielt hierbei eine wichtige Rolle und wurde in verschiedenen Projekten erprobt (transmedia:05, Gegenwärtigkeit und Fremdheit, Performances der Selbstermächtigung). Ganz in der Tradition der Forschungsstelle Wissenstransfer werden aber nicht nur die wissenschaftlichen Grundlagen erforscht, sondern darüber hinaus auch neue experimentelle Verfahren des interkulturellen und interreligiösen Dialogs erprobt.

Geflüchtete

Die große Zahl von Geflüchteten stellt für die Gesellschaft eine große Herausforderung dar, die derzeit ganz neue Denkweisen und Vermittlungsstrategien hervorbringt. Zum einen muss genuine Forschung initiiert werden, beispielsweise in der Spracherwerbsforschung, da es sich um eine bisher unbekannte Form von Spracherwerb handelt, der weder mit DaZ-, noch mit DaF-Programmen allein angegangen werden kann,. Zum anderen sind verschiedenste Kompetenzen gleichzeitig gefordert, die in dieser Vernetzung bislang noch nicht gefragt waren. Die Forschungsstelle Wissenstransfer bündelt daher die Kompetenzen aller anderen Bereiche, um neue Projekte zu ermöglichen. Aktuell beteiligen wir uns an entsprechenden Forschungsverbünden und -netzwerken und berücksichtigen Geflüchtete auch in unseren anderen Programmen. Als erstes Querschnittsprojekt haben wir die Women Welcome Week gestartet, eine Studieninformationswoche für geflüchtete Frauen mit Migrationshintergrund.