Die Darstellung „heidnischer“ magischer Praktiken der früh- und hochmittelalterlichen Skandinavier
Promotionsvorhaben am Fachbereich II
Michaela Konrad M.A.; Betreuer: Prof. Dr. Werner Hechberger; Zweitbetreuer: Prof. Dr. Ulli Roth
Ansatz des Promotionsvorhabens ist die Analyse und Interpretation der Darstellung von magischen Praktiken der früh- und hochmittelalterlichen Skandinavier, wenn diese in zeitgenössischen Quellen mit als „heidnisch“ geltenden Charakteristika assoziiert werden.
Das reiche Quellenmaterial zur weder konfliktfrei noch geradlinig verlaufenden langen Phase der Christianisierung Skandinaviens (8.-12. Jh.) stellt die „Heiden“ zumeist aus der Außenperspektive insbesondere in Konflikt- und Kontaktphasen - in einer stereotypen, zumeist negativen Weise dar. Zusätzlich liegen auch vornehmlich literarische Quellen aus der skandinavisch bzw. skandinavisch geprägten „Innen“perspektive vor, die allerdings retrospektiv von der heidnischen Vorzeit erzählen und diese bereits mit christlichen Deutungsmustern versehen.
Mindestens seit der Spätantike zählen zu den stereotypen Beschreibungsmerkmalen der „Heiden“ auch die Ausführung magischer und mantischer Praktiken sowie die Dämonen- und Teufelsanbetung. Obwohl die Darstellung solcher Praktiken insgesamt als stark schematisch erscheinen, sind die Umschreibungen insbesondere aus der skandinavisch geprägten Perspektive teils umfangreich. Daher liegt die Vermutung nahe, dass den Beschreibungen von „heidnischen“ magischen Praktiken aus der christlichen Perspektive jeweils explizite – vielleicht unterschiedliche - Vorstellungen zugrunde liegen.
Bei der Analyse der christlichen Quellen zum „heidnischen“ Skandinavien werden sich kaum historische Fakten – weder zu nordgermanischen Glaubenssystemen noch zur vermeintlich tatsächlichen Ausführung magischer Praktiken - zeigen. Daher orientiert sich die Arbeit am Konzept der „Vorstellungsgeschichte“ von Hans-Werner Goetz, fragt also nach den Wissensbeständen, die zu einer solchen Darstellungsweise geführt haben können.
Entsprechend untersucht die Arbeit neben den in den Quellen auftretenden Narrativen und Motiven die Entstehung und Hintergründe dieser Vorstellungen, insbesondere unter Berücksichtigung des christlich geprägten Stereotyps vom „Heiden“ und wirft dabei auch den Blick auf Erklärungsansätze zur Magie seit der Spätantike.
Die geschichtswissenschaftliche Forschung zum Themenfeld „Magie“ konzentriert sich bislang hauptsächlich auf das späte Mittelalter und die Frühe Neuzeit; entsprechende Untersuchungen zum früh- und hochmittelalterlichen Skandinavien versuchten bisher, die Quellen insbesondere auf ihren faktischen Gehalt hin zu untersuchen, anstatt sie als Zeugnisse eines komplexen Prozesses kultureller und religiöser Identitätsbildung und Imagination zu begreifen, die nicht zwangsweise die Intention vertraten, tatsächliche Verhältnisse wiederzugeben.
Auswahl empfehlenswerter Literatur zum Thema:
DuBois, Thomas A.: Nordic religions in the Viking Age (The Middle Ages series), Philadelphia 1999.
Goetz, Hans-Werner: Die Wahrnehmung anderer Religionen und christlich-abendländisches Selbstverständnis im frühen und hohen Mittelalter (5.-12. Jahrhundert), Band 1, Berlin/Boston 2013.
Padberg, Lutz E. von: Christen und Heiden. Zur Sicht des Heidentums in ausgewählter angelsächsischer und fränkischer Überlieferung des 7. und 8. Jahrhunderts. In: Hagen Keller u. Nikolaus Staubach (Hgg.), Iconologia sacra. Mythos, Bildkunst und Dichtung in der Religions- und Sozialgeschichte Alteuropas. Festschrift für Karl Hauck zum 75. Geburtstag (Arbeiten zur Frühmittelalterforschung 23). Berlin, Boston 1994.
Price, Neil S.: The Viking way: magic and mind in late Iron Age Scandinavia. Oxford 2019.
Winroth, Anders: The conversion of Scandinavia. Vikings, merchants, and missionaries in the remaking of Northern Europe. New Haven 2012.