Wege aus der Lehramtsausbildung und dem Lehrerberuf
Denn die Zahl von Lehramtsstudierenden, die Universitäten ohne Abschluss verlassen, ist seit Jahren weitgehend unverändert. Ein Teil angehender Lehrkräfte entscheidet zudem nach erfolgreichem Studienabschluss, alternative Wege jenseits des schulpraktischen Vorbereitungsdiensts einzuschlagen. Und nicht alle, die den Vorbereitungsdienst beginnen, schließen diesen auch erfolgreich ab. Schließlich fassen manche Lehrkräfte nach einigen Berufsjahren den Entschluss, aus dem System Schule auszusteigen. All dies trägt zu einer Verschärfung des akuten Lehrkräftemangels bei, der die Sicherstellung der Unterrichtsversorgung bedroht und voraussichtlich noch lange andauern wird.
Im Ergebnis konnte die Fachtagung zeigen, dass die wissenschaftliche Forschung die Datenlage zum Thema Dropout dringend zu verbessern hat. Es ist zum Beispiel nicht bekannt, wie hoch die Dropout-Quoten über die Lehrämter hinweg und von Fach zu Fach sind. Zahlen, mit denen die Wissenschaft und Bildungsadministration arbeiten, beruhen vielfach auf Schätzungen. Insofern ist insgesamt ein besseres Monitoring in Bezug auf die Entwicklung der Situation nötig. Auch ist deutlich geworden, dass Abbrüche oftmals bereits im Vorfeld des Lehramtsstudiums sowie auch des Vorbereitungsdiensts angelegt sind. Dies gilt insbesondere, wenn die Studien- und Berufswahl auf der Basis mangelnder Informationen erfolgt. Eine solche Ausgangslage erhöht das Risiko des Dropouts. In der praktischen Konsequenz bedeutet dies, Studienbewerber*innen vor Studienaufnahme zu einer eigenverantwortlichen Studienwahl im Rahmen der schulischen Berufs- und Studienorientierung zu befähigen. Zudem wird zur Behebung des Lehrkräftemangels die Frage wichtiger, wie sich der Arbeitsort Schule attraktiver gestalten lässt.
Hohe Bedeutung des Themas
Zu Beginn der Tagung hieß die Vizepräsidentin für Studium und Lehre der Universität Koblenz, Prof. Dr. Constanze Juchem-Grundmann, die Teilnehmenden willkommen und gab einen standortbezogenen Einblick in die universitären Aktivitäten der Beratung und Unterstützung von Lehramtsstudierenden. Dr. Markus Maier, Vertreter des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Bildung, unterstrich die Bedeutung des Themas in der aktuellen Zeit und hob hervor, dass Entwicklungen, die zum Dropout von (angehenden) Lehrkräften führen, klar zu beobachten seien.
In einem ersten thematischen Block standen Wege aus der Lehramtsausbildung im Zentrum. Nachdem Prof. Dr. Svenja Schmid-Kühn und Prof. Dr. Thorsten Fuchs in ihrer Keynote den Stand der Forschung anhand der Daten- und Studienlage präsentierten und das Augenmerk auf Erklärungskonzepte der Multikausalität und Prozesshaftigkeit richteten, wurde in drei Vorträgen ein vertiefter Blick in die erste Phase der Lehramtsausbildung geworfen. Vor dem Hintergrund des Befunds, dass standortbezogene Daten von Studienabbruch und -wechsel im Lehramt zum Großteil fehlen und auch kaum Aussagen über tatsächliche Studienverläufe getroffen werden, lieferte die Vorstellung eines Forschungsprojekts der Universität Koblenz wissenschaftliche Einsichten in konkrete biographische Entwicklungen von Abbruch und Wechsel ehemaliger Lehramtsstudierenden. Anschaulich gemacht wurde hierbei, wie zum Beispiel schon in der früheren Lebensgeschichte gemachte Erfahrungen Bedeutung für die Bildungsentscheidung haben, das Lehramtsstudium abzubrechen oder in ein anderes Studium zu wechseln.
Dann folgten Berichte aus Zentren für Lehrkräftebildung der Universität zu Köln bzw. dem Karlsruher Institut für Technologie. Sie machten vor allem die jeweiligen Konzepte zur reflexiven Professionalisierung im Lehramtsstudium anschaulich.
Mit Impulsvorträgen wurde auch die wissenschaftliche Perspektive des (nicht vollzogenen) Übergangs von Lehramtsstudium zu Referendariat bzw. der Schwund im Vorbereitungsdienst beleuchtet. Ein erster Vortrag untersuchte den post-universitären beruflichen Verbleib mittels vorliegender Daten aus dem Nationalen Bildungspanel (NEPS). Ein zweiter Vortrag stellte erste Ergebnisse aus einer in Rheinland-Pfalz durchgeführten Studie zu Schwund im Vorbereitungsdienst dar – ein bislang weitgehend unerforschtes Phänomen: Auf der Basis ausgewählter Interviews mit Fach- und Seminarleitungen wurde unter anderem deutlich, dass zu den ausschlaggebenden Gründen für das Verlassen des Vorbereitungsdienstes über fehlende fachliche Kenntnisse hinaus fehlendes allgemeines pädagogisches Wissen und Können gehören. Zwei Vorträge aus der Bildungsadministration und der Arbeitsförderung gaben schließlich Einblicke in Evaluierungen des Vorbereitungsdiensts, die auch Aussagen zum Ausscheiden erlauben, sowie vorgehaltene Unterstützungs- und berufliche Beratungsangebote für Aussteiger*innen aus der Lehramtsausbildung.
In einer Keynote zu Wegen, Gründen und Folgerungen für den Arbeitsort Schule führte Prof. Dr. Silvio Herzog von der Pädagogischen Hochschule Schwyz entlang eines Vergleichs zwischen der Schweiz und Deutschland in dieses Phänomen ein. Die darauffolgenden Beiträge exemplifizierten das Bedingungsgefüge eines Berufsausstiegs aus den Perspektiven der Lehrergesundheit, der Ratgeberforschung sowie dem Exit-Coaching. In einer abschließenden Podiumsdiskussion mit Vertreter*innen aus Wissenschaft, Bildungsverwaltung, Beratung und Ausbildung wurden weiterführende Fragen diskutiert, etwa zu notwendigen Kooperationen zwischen den relevanten Akteuren, wie auch Aspekte betont, die die Dringlichkeit einer umfassenderen Bearbeitung und weitere Perspektiven akzentuierten.
Die Organisation der Fachtagung verantworteten Prof. Dr. Svenja Mareike Schmid-Kühn vom Institut für Schulpädagogik, Prof. Dr. Thorsten Fuchs vom Institut für Pädagogik und Jannis Graber vom Institut für Pädagogik der Universität Koblenz.