Feierliche Präsentation der Projektergebnisse zur Rittersturzkonferenz in Koblenz
Wie man ein Ereignis, das zunehmend in Vergessenheit gerät, an einem Ort, der nicht mehr existiert, für die Öffentlichkeit attraktiv wiederaufleben lassen kann, beleuchtete diese Arbeitsgruppe, die sich vor knapp einem Jahr auf Initiative von PD Dr. Margit Theis-Scholz, Kulturdezernentin der Stadt Koblenz, gebildet hatte. Beteiligt waren unter anderem das Stadt-, Landeshaupt- und Bundesarchiv, die Stadt- und Landesbibliothek, die Universität Koblenz mit den Disziplinen Geschichte und Medienwissenschaft sowie die Koblenzer Schulen. Das Projekt baute die gemeinsame Kooperation der 2022 neu gegründeten Koblenzer Arbeitsgemeinschaft Kultur und Politik zwischen dem Fachbereich Philologie / Kulturwissenschaften der Universität Koblenz und den Archiven sowie Bibliotheken in Koblenz aus. Ziel war, einen digitalen Erinnerungsort für die historisch bedeutsame Rittersturzkonferenz zu schaffen.
Im Rahmen der Rittersturzkonferenz trafen sich vor 75 Jahren die Ministerpräsidenten der neun westdeutschen Bundesländer, die Bürgermeister von Hamburg und Bremen sowie die Oberbürgermeisterin von Berlin im Hotel Rittersturz in Koblenz. Ziel der zwei Tage dauernden Konferenz war die Einigung auf grundlegende Punkte für die Gründung eines Westdeutschen Staates. Kurz zuvor, am 1. Juli 1948, hatten die westlichen Siegermächte Vorgaben für eine Staatsgründung ausgehandelt und in den Frankfurter Dokumenten festgehalten. Die Antwort der deutschen Seite düpierte die alliierten Siegermächte USA und Großbritannien, da die in Koblenz ausgearbeitete Konzeption des neuen Staates einen bewusst provisorischen Charakter besaß, um einer dauerhaften Teilung Deutschlands entgegenzuwirken. Allen Missstimmungen zum Trotz war die Rittersturzkonferenz ein Erfolg. Denn mit nur geringen Änderungen wurde kurz darauf das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland durch den Parlamentarischen Rat in Bonn verabschiedet – als Fundament für die Wiedervereinigung 40 Jahre später.
Beiträge der Universität Koblenz zur Aufarbeitung der Rittersturzkonferenz
Während der Präsentation der Ergebnisse der Arbeitsgruppe erläuterte Florian Weber vom Institut für Kulturwissenschaft der Universität Koblenz die Beteiligung des Landesprojekts KuLaDig-RLP am Rittersturz-Projekt anhand des KuLaDig-Beitrags „Berghotel Rittersturz“.
Um den Tagungsort, das in den 1970er Jahren abgerissene Berghotel Rittersturz, darzustellen, wurde eine Rekonstruktion des Gebäudes von der Stadt Koblenz in Auftrag gegeben und durch die Agentur etcetera umgesetzt. Der Koblenzer Medienwissenschaftler apl. Prof. Dr. Stefan Meier fertigte eine multimediale Story mit dem Titel „Ein Provisorium mit Erfolgsgeschichte. Die Rittersturzkonferenz im Juli 1948“ an, die unter rittersturzkonferenz.de verfügbar ist. Das „Scrollytelling“-Format bietet neben Textpassagen und Links auch umfassendes Bild-, Video- und Quellenmaterial der Archive an, darunter einen Videoclip von Mirko Drotschmann von MrWissen2go, Erläuterungen von Dr. Michael Feldkamp als Experten für bundesdeutsche Verfassungsgeschichte sowie didaktische Perspektiven und Lehrmaterial für den Schulunterricht vom Koblenzer Historiker Prof. Dr. Wolfgang Woelk. Zudem wurde mit Unterstützung des Stadtarchivs ein KuLaDig-Beitrag der Universität Koblenz zum ehemaligen Hotel veröffentlicht, in dem die Geschichte des Hauses detailliert und anschaulich erläutert wird. Alle genannten Medien sind auch über die Mediengalerie des KuLaDig-Beitrags dauerhaft verfügbar.
In einer Fragerunde konnten Schüler*innen zweier Koblenzer Gymnasien den anwesenden Expert*innen – neben dem Landtagspräsidenten und der Kulturdezernentin auch Prof. Dr. Michael Hollmann, Präsident des Bundesarchives, und Johannes Klomann von der Landeszentrale für politische Bildung – Fragen stellen oder eigene Sichtweisen formulieren. Emotional wurde die Schilderung der Zeitzeugin Roswitha Verhülsdonk mit ihren persönlichen Erinnerungen an einen Todesfall während der Konferenz. Dr. Miriam Voigt, Transfer-Beauftragte an der Universität Koblenz, rundete die Veranstaltung mit der Vorstellung des universitären Projekts „Koblenzer Demokratie-Orte“, einer digitalen Schnitzeljagd von und für junge Menschen, ab.