Diplomierte Sozialpädagogin. War nach ihrem Studium zunächst drei Jahre an einer Brennpunkt-Grundschule als pädagogische Leiterin des Ganztagsbereichs tätig. 2013 wechselte sie an die Universität Koblenz-Landau und ist dort seither wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Soziologie. Sie promoviert zur Begriffshistorie sozialstruktureller Leitkategorien in soziologischen Fachlexika und Enzyklopädien des 20. und 21. Jahrhunderts. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Sozialstrukturanalyse im internationalen Vergleich, Theorien sozialer Ungleichheit, Wissenssoziologie und Kultursoziologie. 2022 wurde sie mit dem Landeslehrpreis Rheinland-Pfalz ausgezeichnet.
Interdisziplinäres Kolloquium: Strukturen und Begriffe? Begriffene Strukturen!
Das Interdisziplinäre Kolloquium bietet (Nachwuchs-)Wissenschaftler*innen des Campus Koblenz die Möglichkeit, sich selbst und ihre Forschungsprojekte einer breiten Hochschulöffentlichkeit vorzustellen und dabei ins Gespräch zu kommen, sich kennenzulernen und auszutauschen. Die wissenschaftlichen Themen der Vorträge sollen in verständlicher Weise aufbereitet und disziplinübergreifend zugänglich gemacht werden, um hierdurch die Wissenschaftskultur am Campus mitzuprägen.
Beim Denken über und Reden von gesellschaftlichen Strukturen erscheinen die jeweils verwendeten Begrifflichkeiten und Konzepte: Klassen, Schichten, Milieus, als „formal-soziologische Grundkategorien“, die mehr oder weniger auf alle Gesellschaften zu allen Zeiten anwendbar sind. Jedoch täuscht die Bezeichnung „formal“ über die Tragweite von Kategorien hinweg: Formale Kategorien der Soziologie erscheinen nicht nur als Begriffsdefinitionen; vielmehr implizieren sie „Hypothesen über empirische Tatbestände, die den Charakter von universalen Gesetzen tragen“ (Ralf Dahrendorf (1968) in seiner Auseinandersetzung mit den Konzepten der sozialen Klasse und der sozialen Schicht). Eva Barlösius (2005) appelliert, „soziale Kategorien und Klassifikationen als Ergebnis gesellschaftlicher Auseinandersetzungen und historischer Prozesse zu betrachten“, denn in ihnen spiegelten sich die Sichtweisen gesellschaftlicher Verhältnisse wider. Soziale Kategorien werden selten thematisiert, da sie eine selbstverständliche Voraussetzung mit Normcharakter und, nicht nur im Fach Soziologie, institutionalisiert sind.
Die Mehrheit der Brit*innen ist bspw. der Überzeugung, dass soziale Klassen und der Klassenkonflikt weiterhin existieren. Daher bleibt die Anzahl derjenigen, die sich der working class zuordnen, stabil, obwohl der Anteil an working class jobs seit Jahren rückläufig ist. Auch in Deutschland wird die Bevölkerung seit Beginn der 1980er Jahre immer wieder nach ihrer subjektiven Schichtzugehörigkeit gefragt und ordnet sich dieser sozialwissenschaftlichen Kategorie ohne weitere Nachfragen unter.
Doch kann das Sprachverständnis nicht abbilden, „was geschieht oder tatsächlich der Fall war, noch geschieht etwas, was nicht durch seine sprachliche Verarbeitung bereits verändert wird“, postuliert Reinhart Koselleck (2006) in seiner Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Entwicklungsdynamiken von Sozialgeschichte und Begriffsgeschichte. Zwischen beiden Termini existiere letztlich eine „unüberbrückbare Differenz“.
Im Rahmen des Vortrages soll das „sprachliche Begreifen“ (Koselleck 2006) der sozialen Wirklichkeit selbst als ein Element vergleichender Sozialstrukturforschung behandelt werden, indem die begriffsgeschichtliche Methode Reinhart Kosellecks auf den Vergleich sozialstruktureller Schlüsselkategorien in Großbritannien und Deutschland angewendet wird.
Aktuelle Ansätze komparativer Sozialstrukturanalyse können so mit Hilfe der begriffsgeschichtlichen Methode, sprachsoziologisch ergänzt und gewinnbringend erweitert werden.
Referentin
Moderation
Modulzuordnung
In Kooperation mit dem CZS MINT-Forum.