Forschungskooperation zum Wiederaufbau des Flusses Ahr beschlossen

Prof. Dr. Lothar Kirschbauer von der Hochschule Koblenz, PD Dr. Carola Winkelmann von der Universität Koblenz und Prof. Dr. Stefan Stoll vom Umweltcampus Birkenfeld der Hochschule Trier bewerten die Möglichkeiten des Wiederauufbaus der Ahr wissenschaftlich. Bild: Universität Koblenz/Dr. Jan Fleischhauer
Prof. Dr. Lothar Kirschbauer von der Hochschule Koblenz, PD Dr. Carola Winkelmann von der Universität Koblenz und Prof. Dr. Stefan Stoll vom Umweltcampus Birkenfeld der Hochschule Trier bewerten die Möglichkeiten des Wiederauufbaus der Ahr wissenschaftlich. Bild: Universität Koblenz/Dr. Jan Fleischhauer
Die Flutkatastrophe am Fluss Ahr hat nicht nur menschliches Leid verursacht, sondern auch das Gewässer Ahr stark verändert. Nun wurde eine Forschungskooperation zwischen der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler, dem rheinland-pfälzischen Ministerium für Umwelt- und Klimaschutz, dem Landkreis Ahrweiler, der Universität Koblenz sowie den Hochschulen Koblenz und Trier mit dem Umwelt-Campus Birkenfeld unterzeichnet. In ihr wird festgelegt, wie die Wiederherstellung der Ahr wissenschaftlich begleitet werden soll.

Die Arbeitsgruppe Fließgewässerökologie der Universität Koblenz wird untersuchen, welche Prozesse die Wiederbesiedlung der Ahr fördern oder auch behindern. Sobald erste Ergebnisse vorliegen, wird dieses Team die mit der Planung und Durchführung betrauten Verantwortlichen informieren und beraten. Im Kooperationsprojekt werden auch drei Doktoranden gemeinsam und interdisziplinär ein sehr komplexes wissenschaftliches Problem untersuchen, dass gleichzeitig eine hohe Relevanz für die Praxis besitzt.

In der ersten Phase des Projekts werden sich die Wissenschaftler*innen hauptsächlich auf die Nährstoffeinleitungen aus den Übergangskläranlagen konzentrieren. Sie werden untersuchen, wie stark die Nährstoffbelastungen das Ökosystem oder gar die Wiederbesiedlung mit Kleinstlebewesen und Fischen beeinträchtigen.

„Verstärkte Nährstoffeinleitungen sind neben Veränderungen in der Gewässerstruktur für viele Einschränkungen der ökologischen Qualität und der Wiederbesiedlung der Ahr verantwortlich. Die detaillierte Untersuchung wichtiger Prozesse ist die Grundlage für eine Bewirtschaftung und Wiederherstellung der Ahr, die neben dem Hochwasserschutz auch auf hohe Biodiversität und hohe ökologische Qualität abzielt“, betonte PD Dr. Carola Winkelmann, Leiterin der Arbeitsgruppe Fließgewässerökologie der Universität Koblenz.

Basierend auf einem umfangreichen Monitoringprogramm werden in diesem Projekt ökologische Chancen und Risiken der in der Ahr notwendigen Wiederherstellungsmaßnahmen beleuchtet und die Auswirkungen bereits abgeschlossener Maßnahmen gemessen. Die Forscher*innen beziehen in ihre Analysen auch die Veränderungen durch den Klimawandel ein, denn die Ahr soll nicht nur in einen guten ökologischen Zustand zurückversetzt werden, sondern gleichzeitig auch belastbar für die Zukunft gemacht werden.

„Das Projekt wird nicht nur der Ahr zugutekommen, sondern es ist so angelegt, dass die Erkenntnisse übertragbar sind und auch im Gewässermanagement in anderen Flüssen in Rheinland-Pfalz angewendet werden können“, erklärte Projektkoordinator Prof. Dr. Stefan Stoll vom Umweltcampus der Hochschule Trier.

Für eine erfolgreiche und nachhaltige Gewässerwiederherstellung seien eine externe Begleitung und Impulse aus der Wissenschaft unabdingbar. Das Land nehme daher zusätzliche Haushaltsmittel in die Hand. Für die Laufzeit von sechs Jahren seien 1,8 Millionen Euro vorgesehen, erläuterte die rheinland-pfälzische Ministerin Katrin Eder im Rahmen der Unterzeichnung des Kooperationsvertrags.

Denn: „Die verheerende Hochwasserkatastrophe im Ahrtal wird ewig im kollektiven Gedächtnis der Rheinland-Pfälzer bleiben. Sie hat fürchterliches Leid für viele Menschen gebracht, aber auch eine gewaltige Naturzerstörung nach sich gezogen. Uferzonen wurden verwüstet, Biotope zerstört, Fauna und Flora des Flusses wurden stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Folgen werden uns lange beschäftigen. Ich freue mich sehr, dass wir eine Forschungskooperation besiegeln, die eine wissenschaftliche Begleitung eines der wichtigsten Vorhaben zur Gewässerwiederherstellung in Deutschland ermöglicht. Eine ganze Flusslandschaft muss wieder neu entstehen“, erklärte Ministerin Eder. Die Ahr war einst aufgrund ihrer Artenvielfalt ein Vorzeigegewässer in Rheinland-Pfalz, vor allem mit Blick auf wirbellose Tiere. Die Flut hat die Gewässerökologie stark beschädigt. „Heute haben wir eine der größten Gewässerbaustellen der Republik. Neben dem Aufbau privater Gebäude, der öffentlichen Infrastruktur von Brücken, Straßen und der Bahn, der Infrastruktur von Wasser und Abwasser muss nun auch die Ahr wieder in einen guten Zustand versetzt werden“, betonte die Ministerin.

„Nach der Flutkatastrophe kommt der Gewässerwiederherstellung an der Ahr und ihren Nebenflüssen eine herausragende Bedeutung im Rahmen des Aufbaus im Landkreis Ahrweiler zu“, erläuterte die Landrätin des Kreises Ahrweiler, Cornelia Weigand. „Es soll keine Eins-zu-eins-Wiederherstellung erfolgen: Die Ahr und ihre Zuflüsse sollen für zukünftige Hochwasserereignisse, aber auch für Zeiten mit Niedrigwasser besser gerüstet sein.“ Insgesamt fünf Ingenieurbüros haben eine Bestandsaufnahme der Schäden und Defizite vorgenommen und rund 1000 Einzelmaßnahmen zur Gewässerwiederherstellung vorgesehen. Damit zählt die Gewässerwiederherstellung der Ahr zu den umfangreichsten Gewässerwiederherstellungsmaßnahmen in Deutschland.

„Auch bei der Gewässerwiederherstellung Ahr bleibt der Schutz der Menschen in unserem Tal oberstes Gebot. Deshalb muss die Ahr künftig in ihrem gesamten Verlauf so gestaltet werden, dass ein hundertjährliches Hochwasser (HQ100) möglichst schadlos bis zur Mündung durchgeleitet werden kann“, erklärte Guido Orthen, Bürgermeister der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler. „Am Ende muss eine dem Hochwasserschutz dienende und ökologisch intakte Wiederherstellung der Ahr stehen. Diese übergreifende Aufgabe kann nur als Gemeinschaftswerk gelingen, daher begrüßen wir die Forschungskooperation und engagieren uns gerne als Praxispartner.“

Eine wichtige Rolle bei der Forschungskooperation spielt auch das Landesamt für Umwelt (LfU). Das LfU unterstützt mit seiner fachlichen Expertise das vorgesehene Monitoringnetzwerk der beteiligten Hochschulen zu den Folgen des Hochwassers in der Ahr. Dieses Monitoring-Netzwerk wird in das bestehende Messnetz des Landesamtes zur Überwachung des gewässerökologischen Zustandes als ein verdichtetes und intensiv untersuchtes System integriert. Die bereits kurzfristig nach der Flut erhobenen gewässerökologischen Daten aus den Jahren 2021 bis 2023 stellt das LfU als Anknüpfungspunkt zur Verfügung. Als Mitglied im Projekt-Beirat ist das LfU darüber hinaus in die mehrjährigen Forschungsaktivitäten an der Ahr als Berater eingebunden und wird mit weiteren wasserwirtschaftlichen Daten und seiner Fachkompetenz unterstützen.

Datum der Veröffentlichung
Fachliche AnsprechpartnerinPD Dr. Carola Winkelmann
Universität Koblenz Universitätsstraße 1 56070 Koblenz
E-Mail: cawinkelmann@uni-koblenz.deTel.: 0261 287 2233
PressekontaktDr. Birgit Förg
Universität Koblenz Universitätsstraße 1 56070 Koblenz
E-Mail: birgitfoerg@uni-koblenz.deTel.: 0261 287 1766